Omega Review (GER)

1: Alpha

Der erste Song des Albums bildet an sich das akustische Intro, wodurch die Wahl des Namens auf „Alpha“ durchaus gerechtfertigt scheint. Das kurze 57 Sekunden andauernde Stück beginnt mit einem akustischen Rauschen, welches man von alten Film- oder Tonaufnahmen kennt. Schnell setzten die ersten unheilvollen und tiefen Klaviertöne ein,welche im Raum stehen und langsam fast völlig verklingen, bevor der nächste Ton einsetzt. Nach zwei Takten werden die tiefen Töne durch kürzere und hellere Töne unterbrochen, was dem Ganzen eine noch tiefer gehende Unheimlichkeit und gleichzeitig eine Art der Vorahnung verleiht. Unter dieses Zwischenspiel zwischen dunklen und hellen Tönen mischt sich ein in den Vordergrund tretendes Klappern, welches an eine alte vielleicht rostige Schere erinnert und einen dazu bringt nachzudenken, wer dort schneidet und vor allem was. Auf den letzten Takten des Stückes wird das Klavier ein wenig schneller und endet damit, dass die Schere noch einmal lauter zu hören ist und die Aufnahme wieder zu verrauschen scheint, bevor sie endet.

Der Eindruck, der durch das Intro vermittelt wird, ist ein zunehmend unheilvolles Aufbauen von Energie, welche sich nicht ganz greifen lassen möchte. Der Stoff, der einen Horrorfilm beispielsweise ausmacht. Es baut sich Erwarten und Energie auf und man wartet eigentlich nur noch auf den tödlichen Schlag. Auch der Rahmen den Anfang und Ende des Songs bilden wirken stimmungsvoll, tragen zur fast schon morbiden Stimmung bei und verleihen dem Ganzen eine Art Endgültigkeit.



2: Behemoth

Der zweite Song knüpft musikalisch an „Alpha“ an, indem er die hellen und kurzen Klaviertöne aus dem Intro nochmals aufgreift, sie allerdings lückenlos wiederholt. Nach einigen Takten setzten Gitarre und Schlagzeug ein und liefern sich eine Art Wettstreit mit den sanften Klängen des Klaviers. Durch diese Kombination wird wieder ein Aufpeitschen der Gefühle und ein Erwarten im Hörer erzeugt, was in seiner Art an alte In Flames Songs erinnert. Mit dem einsetzten des Gesanges tritt auch das Klavier in den Hintergrund und wird von den harten Worten dem rohen Zusammenspiel von Schlagzeug und Gitarre und dem langsam einsetzenden Bass ersetzt.

„I am an ancient one“, so stellt sich der Erzähler vor. Der „Behemoth“, ein biblisches Ungeheuer,schlüpft in diese Rolle. Schildert langsam was er ist und woher er kommt.Unterstützt wird dieses Ankündigen vor allem durch die harten Bassklänge,welche leider an einigen Stellen den Gesang zu sehr übertönen und es so schwer machen dem Erzähler zu folgen. Auf diese erste Passage folgt eine kurze Pause,in der das Klavier wieder in den Vordergrund tritt und alle anderen Instrumente für ein paar Takte völlig verstummen.

In der zweiten Passage erzählt der Behemoth, dass er Angst und Zerstörung bringen wird, dass er das was die Menschen aufgebaut haben, zu Fall bringen wird. „As I rise – your empires fall to nothing but dust“ macht dies vor allem sehr deutlich in diesem Abschnitt. Vor allem fällt auf, dass in diesen vier Zeilen jeweils der erste Teil sehr lang gezogen wird und der letzte schnell und hart fast hinterher geworfen wird. Dies wird auch wieder durch das Tempo von Bass und Schlagzeug unterstützt, wodurch eine apokalyptische und unausweichliche Stimmung entsteht, was wiederum zum Thema des Songs passt: die Auslöschung der Menschheit durch das biblische Ungetüm.

Erst im dritten Teil fällt das erste Mal der Begriff des Behemoth, womit sich das Ungetüm zu erkennen gibt und der Hörer versteht, wer sich eigentlich hier als Zerstörer präsentiert hat. Hier erklärt er auch, dass er nicht nur alles zerstören, sondern vielmehr den Tod („and shall bring you – Death“) bringen wird. An diese Passage schließt sich ein wildes und fast verzweifeltes Gitarrensolo an, welches die Ausweglosigkeit noch zu unterstreichen scheint,und liefert sich bald mit dem Schlagzeug erneut einen erbitterten Wettstreit.

Dieser Wettstreit untermalt auch die letzte Textpassage, in der der Behemoth zugespitzt und auf den Höhepunkt gebracht verdeutlicht, dass er alle Götter vernichten und alles Leben beenden wird. Besonders deutlich tritt hier das Schlagzeug in den Fokus und scheint wie ein eigener Herzschlag die letzten Minuten in der Existenz der Welt zu begleiten, bevor alle Instrumente abrupt verstummen und so den Sieg des Behemoth unterstreichen.



3: Omega

Der dritte Song des Albums, passenderweise mit dem Namen „Omega“ betitelt, behandelt thematisch ein eher düsteres Thema: das letzte Aufbäumen und den unausweichlichen Tod des Protagonisten.
Der Song beginnt mit einem schnellen, fast stakkatoartigen, hölzernen Klappern,welches an eine wilde Hetzjagd denken lässt. Unterschwellig ist ein kaum hörbares metallisches Ratschen zu vernehmen, was dem Ganzen mehr Dringlichkeit und Geschwindigkeit verleiht. Bald übernehmen Gitarre und Schlagzeug den vorgegebenen Takt und treiben die Emotionen weiter an. Nach einigen Takten tritt der Bass in den Vordergrund und bietet so mit seinen tieferen Tönen einen perfekten Einstieg für den tiefen Gesang.

In den ersten Passagen gibt zunächst der Tod ein Statement ab. Er erzählt dem Sterbenden, dass es keinen Ausweg und keine Zukunft mehr für ihn gibt. Sagt ihm, dass er den Kampf aufgeben und zu ihm kommen soll („Come to me, child of mine“).

Die dritte Textpassage wirkt durch die im jeweils ersten Versteil tiefe Stimme des Sängers und die im jeweils zweiten Versteil kontrastierenden „Exhale-Squeels“ wie eine Art Streitgespräch. Die zweite Stimme erinnert in ihrem Tonfall stark an den Film „A nightmare before Christmas“,was dem eigentlich ernsten Thema eine morbide Komik verleiht.

Hierauf hört man zunächst einige sanfte Gitarrentöne und der fast geflüsterte Gesang setzt ein,erzählt von den letzten Minuten („Heart beats weaker“). Das Schlagzeug gesellt sich wieder hinzu und laut setzt der Gesang wieder ein und kündet vom Ende („Heart stops beating“). Den Schluss des Songs bildet ein letztes wildes Aufbäumen von Gitarre und Schlagzeug, welche abrupt verstummen und so den endgültigen Tod symbolisieren.



4: Gaia’s Child

Der Song beginnt mit einigen kurzen Schlagzeugtakten, die erst verhallen bevor der nächste Takt ansetzt. Als zweites setzt die ruhige Gitarrenstimme ein und als letztes schließt sich der Bass an. Dieses langsame Aufbauen und der schrittweise Einsteigen der einzelnen Instrumente erinnert stark an den Auftakt zu Metallica`s „Battery“.Dieser im Gegensatz zu den vorangehenden Songs, ruhige und stark melodische Anfang baut im Hörer eine Melancholie und eine ferne Sehnsucht auf.

Erst mit dem schnelleren und härteren Zusammenspiel zwischen Gitarre und Bass setzt auch der Gesang ein. Allerdings fällt auch hier auf,dass im Kontrast zu den vorangegangenen Songs hier stark das Tempo aus der Stimme genommen wurde, wodurch die Worte mehr Nachdruck und tiefe zu haben scheinen.„I – just another Gaia’s child“. So simpel dieser Satz auch wirkt, scheint er doch den Inhalt des ganzen Songs auf den Punkt zu bringen. Gaia, die Erdmutter,wird hier in der ersten Passage mehr als Bürde porträtiert. Man ist an sie gekettet, kommt nicht von ihr los („titan-forged chains around my neck that keep me by her side“).

Im Refrain wird der Gesang wieder schneller und lauter, und auch die stärker in den Vordergrund tretenden harten Bassschläge verleihen zusätzlichen Nachdruck. Hier wird die schwierige Beziehung zwischen Mensch und Natur deutlich. Der Mensch vergisst zunehmend, dass er in Abhängigkeit von der Natur lebt und richtet sie zugrunde. Aber sie wehrt sich, zerstört sich selbst und alles Leben um sich selbst zu retten („Cosmos dies now once again“).

Der Song endet mit einem wilden Wirbel zwischen Schlagzeug und Gitarre, unterbrochen von einigen Bassakkorden, was einem noch einmal den Tod des Universums vor Augen zu führen scheint, bevor die Musik immer leiser wird und schließlich ganz verstummt, beinahe wie ein letztes wehmütiges Lebewohl.



5: Scent Of Dissolution

Der Auftakt des fünften Albumtitels „Scent Of Dissolution“ sind wenige kurze Beckenschläge, welche sofort in ein drückendes und forderndes Gefühlschaos aus Schlagzeug und Bass übergeht. Dieser Wirbelsturm aus Energie und Kraft zieht sich fast lückenlos durch das gesamte Stück. Interessanterweise tritt in diesem Song die Gitarre fast völlig in den Hintergrund und überlässt es Bass und Schlagzeug den Takt vorzugeben. Diese Wahl besitzt eine so deterministische Eleganz, dass sie dem Text noch mehr Tiefe und Bedeutung verleiht.

Thematisiert wird hier die grausame Schönheit des Todes,ebenso wie die enge Bindung zwischen Leben und Tod. Der Text ist auf eine Art gnadenlos ehrlich und beleuchtet doch auch die abstoßende Schönheit des Todes. „Oh sweet scent of dissolution“. Ein Satz der die Gegensätzlichkeit des ganzen Songs in sich vereint. Der süße Geruch den man eigentlich mit dem Leben verbindet und hier aber auf den süßlichen Verwesungsgeruch anspielt ist einerseits makaber und entspricht dennoch der Wahrheit.

Ein weiterer Satz der immer wieder wiederholt wird und deutlich macht, dass der Preis den wir für unsere Erlösung zahlen der ist, dass nichts von uns zurückbleibt („nothing will remain, the burden of salvation“).

Im Mittelteil des Songs tritt einmalig die Gitarre in einem so herzzerreisenden Solo in den Vordergrund, dass sich Verzweiflung und Hoffnung gleichermaßen einen erbitterten Kampf liefern.



6: Kosmos

Bei „Kosmos“ handelt es sich mit über zehn Minuten Länge um den längsten Song des Albums,auch wenn er einem nicht so lang erscheint. In seiner Art, sowohl Rhythmus als auch Text, lädt er nicht nur zum Träumen ein, sondern lässt einem gar keine andere Wahl.

Den Auftakt, fast wie ein eigenes Intro, bildet ein episches Gitarrenstück, welches von der unterschwelligen Bass- und Schlagzeugunterstützung, noch heroischer wirkt. Mit Einsetzten des Gesanges werden die Gitarrenanschläge minimal roher und sowohl Bass als auch Schlagzeug werden etwas fordernder, wodurch das Gesamtwerk den genialen Akkustikparts von Amon Amarth so erschreckend nahe kommen, dass sich sofort Gänsehaut über den ganzen Körper ausbreitet.

Der Sänger erzählt von den Weiten des Universums, von den Farbenspielen der kosmischen Phänomene, dem ewigen Widerstreit zwischen Licht und Dunkelheit, und das auf eine Weise die einen wirklich sehen lässt was einem hier nur erzählt wird („firy clouds circulating in patterns“; „nebulas drifting across the horizon“; „ashen remains vanish in spheres“). Gleichzeitig erzeugt dieses Schildern von dem was wir in Ansätzen sehen können wenn wir zumNachthimmel schauen, in Verbindung mit der fast quälend intensiven Melodie eine so ergreifend tiefe Sehnsucht, dass man alles Andere um sich herum zu vergessen scheint.

Der lange Akkustikpart, in dem sich vor allem Schlagzeug und Gitarre miteinander zu messen scheinen, packt einen umso mehr und lässt einen hoffen der Song möge niemals enden, bevor er langsam in denselben saften Gitarrenanschlägen verklingt mit denen er begonnen hat.



7: Collapse

Der Song beginnt direkt schnell und reisend mit einem wilden Wirbel aus Schlagzeug und Gitarre, und braucht auch eigentlich sonst nicht viel um direkt mit seiner Geschwindigkeit zu begeistern. Auch der Gesang setzt in dieser Manier schnell und hart ein. Der Text wird einem in den Strophen fast schon vorwurfsvoll ins Gesicht gespien.

Im ersten Teil geht es hauptsächlich um den Aufstieg und Fall von Königen und Imperien, welche immer blutig auf dem Rücken der Hilflosen aufgebaut wurden („kings come and fall“; „build of bones and blood“). Dies wird vor allem durch den hart in den Vordergrund tretenden Bass unterstützt, wodurch der mitschwingende Vorwurf in der Stimme des Erzählers noch verstärkt wird.

Im Refrain nimmt sich der Bass zurück und auch der Gesang wird etwas langsamer und scheint nun eher belehrend als ermahnend. Hier wird vor allem betont, dass noch nie irgendetwas dazu bestimmt war für immer zu bestehen („everything will turn to dust“; „nothing will last forever“). Hier fällt vor allem auf, dass im ersten Refrain von „creating – destroing“ und im zweiten Refrain „living – dying“ die Rede ist. Dies verdeutlicht besonders schön, dass eben nicht nur die Endlichkeit allen Schaffens sondern vielmehr auch die Endlichkeit des Lebens selbst thematisiert wird.

Mit Beginn der zweiten Strophe tritt auch der Bass wieder in den Vordergrund und der zweite Vorwurf des Sängers wird laut. Hier geht es nunum das fanatische Blutvergießen und Opfern von Menschen im Namen eines Gottes oder einer Religion, welche nur kurzweilig eine Machtposition inne haben undgenau wie andere Götter und Kulturen vor ihnen in Vergessenheit geraten werden(„cascades of tears and blood“; „wasted for nothing“; „and fall to dust“).

Der Song endet mit demselben fast wutentbrannten Spiel zwischen Gitarre und Schlagzeug mit dem er begonnen hat, wobei hier am Ende die Gitarre ein wenig mehr im Fokus zu stehen scheint, wodurch eine Art nachdrückliche Dramatik erzeugt wird.



8: Exasperation

Der letzte Song des Albums beginnt im Vergleich zu den anderen Songs auf dem Album eher ungewöhnlich mit einem langgezogenen Gitarrenspiel(genialer Weise leicht mit einem Keyboard zu verwechseln), in welches Bass und Schlagzeug fast gleichzeitig einsteigen, sich aber zunächst begleitend im Hintergrund halten.Erst mit einsetzten des Gesangs tritt die Gitarre in den Hintergrund und überlässt es den anderen Instrumenten den Song voranzutreiben.

Textlich setzt sich der Song mit einem Gefühl auseinander,welches wohl jedem aus seinen dunkelsten Tagen bekannt sein dürfte. Das Gefühl nirgendwo einen Platz zu haben, weder in der Gesellschaft noch in der Welt. Das Gefühl, dass alles an einem vorbeitreibt ohne dass man Einfluss darauf nehmen könnte. Eine drückende Schwere mit der das Leben auf einen einwirkt, welcher man sich nicht entziehen kann. Der einzige Wunsch, dass dieses Gefühl der völligen Isolation inmitten von Gesellschaft und der damit einhergehende Weltschmerz enden mögen. „Constant loneliness in a world of life“, „day by day I slowly die“, gerade diese einfachen und doch starken Verse sind es, welche den Song auf das elementarste zu reduzieren scheinen.

Den Höhepunkt findet dieses neun minütige Albumfinale in seinem ausdrucksstarken Mittelteil: ein herzzerreißendes Gitarrensolo, nur von wenigen leisen, fast verstörend sanften Schlagzeugtönen untermalt.